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Werner Seelenbinder

Diese Texte sind im Rahmen der Ausgestaltung der Eröffnung der Werner Seelenbinder-Ausstellung entstanden und von uns verfasst und vorgetragen worden. “Ringer, Kommunist, Staatsfeind” – der Titel der Ausstellung hat uns nachdenklich gemacht.  

Die Ergebnisse könnt ihr in den folgenden Zeilen lesen. Ihr seid eingeladen, euch selbst Gedanken darüber zu machen. 

Sophie Lobodda und Luisa Timm 


Wir schreiben das Jahr 1904. Die Geburt eines Jungen. Seine Mutter hält ihn im Arm unwissend, was die nächsten 40 Jahre mit sich bringen werden.

Zeit vergeht. Es ist der 24 Oktober 1944. Der Tod durch das Fallbeil im Zuchthaus Brandenburg Görden. Eine Geschichte, die vor über 100 Jahren ihren Anfang nahm und mit dem Tod nicht endete. Werner Seelenbinder

Es war die Zeit, wo Menschen keine Menschen mehr waren

Nummern im System,

Nummern für ein System, dass da hieß

“Weg damit”

Sie sollen alle weg und das möglichst schnell

Die Zahlen wurden immer größer

Listen immer länger

Die Nummern wurden vergeben

An Männer, Frauen, Kinder

Nummern auf Kleidung, der Haut und im Kopf

Eine Nummer, die sagt:

Du bist nicht gut genug

Du bist falsch, so wie du bist

Du wirst wahrscheinlich sterben

Denn du bist

Jude, Kommunist, Widerstandskämpfer, homosexuell

Du bist anders und somit nicht richtig

Denn so wollen sie dich nicht

Deswegen trägst du jetzt eine Nummer

Und sie ihre Namen

Hinter diesen Nummern stecken Menschen

Menschen mit Träumen, Gefühlen, Ängsten

Es Menschen wie sie und ich

Sie haben sich wahrscheinlich Fragen gestellt wie:

Warum passiert das?

Was ist falsch an uns?

Haben wir eine Zukunft? Ein Leben?

Und wenn ja, werden wir dort endlich toleriert?

Toleranz statt Ignoranz

Nie wieder ist jetzt!

Luisa Timm (LK12 Geo)


Nie wieder ist jetzt
Hören wir in den letzten Jahren ziemlich oft
Nie wieder Hass
Nie wieder Hetze
Nie wieder Homophobe und Rechte
Nie wieder Mauern, die uns trennen
Nie wieder Worte, die verletzen
Nie wieder Ignoranz, wenn eigentlich Hilfe gebraucht wird
Nie wieder Schweigen, wenn alles ganz laut ist

Nie wieder ist jetzt und doch schon wieder
Denn wir hören es nicht oft genug
Wir erinnern uns zu selten
Nur an Jahrestagen und in Schweigeminuten
In Geschichtsbüchern und Podcastfolgen
Doch nicht dann, wenn es wichtig ist
Wenn Hass wieder lauter wird
Wenn Hetze wieder stärker wird
Wenn homophob und rechts sein Trend ist
Und Mauern wieder aufgebaut werden
Wenn Ignoranz Alltag wird
Und das Schweigen der Leidenden durch Worte übertönt wird
Wenn Zeitzeugen sagen, dass es damals genau SO angefangen hat
Und wir trotzdem immer noch wegsehen
Wenn Flüchtlingsheime brennen und tausende gegen Menschenrechte auf die Straßen rennen
Wenn die Stimmen der Angst lauter sind als die Stimmen der Hoffnung
Und Freundlichkeit zur Ausnahme wird

Denn „Nie wieder“ ist nicht nur irgendeine Floskel
Irgendwas, was man so nebenbei sagt
Nie wieder ist ein Auftrag, an uns alle
Nie wieder darf nicht wegsehen
Nie wieder darf nicht warten
Nie wieder darf nicht still sein
Nie wieder MUSS unangenehm sein
Muss uns daran erinnern, was war
Muss uns zeigen, wie es anders geht
Nie wieder ist UNSERE Verantwortung
In jedem Moment, an jedem Tag, in jeder Sekunde, JETZT
Für die, die kämpfen und leiden
Für die, die Hoffnung haben, trotz der Angst
Für die, die nicht mehr da sind
Und für eine Welt, in der Menschlichkeit zählt!

Sophie Lobodda (LK12 Geschichte)