Zurück

Nacht über Berlin

Nacht über Berlin

Aufgabenstellung des Leistungskurses Geschichte 11:
Verfassen Sie ein Essay über den Spielfilm „Nacht über Berlin“, indem Sie diesen analysieren und seine Eignung als Informationsquelle für
a.) den Fernsehzuschauer
b.) den Geschichtsunterricht untersuchen.
Nutzen Sie dazu die Seiten 286/287 in Ihrem Buch, sowie ihr Wissen über den Untergang der Weimarer Republik. Umfang: 600-800 Wörter.

Der Spielfilm „Nacht über Berlin“ wurde am 20. Februar 2013 im Ersten ausgestrahlt. Die Hauptrollen sind mit Anna Loos und Jan Josef Liefers besetzt. Das Ehepaar spielt im Film ein Liebespaar vor dem Hintergrund der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Ein Spielfilm wie dieser erreicht hohe Quoten in Deutschland. Als Informationsquelle für einen „normalen“ Fernsehzuschauer würde ich den Film empfehlen. Er ist authentisch und stellt im Allgemeinen die Situation um 1932/33 recht gut dar. Die verschiedenen Bürgerschichten werden erläutert. Ein Arzt (Albert), geboren in Deutschland, hat im Krieg gedient, ist aufgrund seiner Vorfahren (Juden) nun ein Staatsfeind. Einen typischen „Mitläufer“ stellt „Erhart von Kühn“ dar und „Henny Dallgow“ steht zwischen den Fronten. Einige historische Ereignisse sind vorhanden. (Reichtagsbrand) Die Liebestragödie zwischen Albert und Henny steht im Vordergrund und hält die Spannung aufrecht.
Als Informationsquelle für den Geschichtsunterricht ist der Film mit Vorsicht zu genießen. Ein Spielfilm unterliegt immer den filmischen Elementen (Ton, Schnitt, Kamera, etc.). Im Vergleich zu einer richtigen, sachlichen Dokumentation, muss der Spielfilm immer die Aufmerksamkeit des Zuschauers halten. Bei einer Doku hingegen besteht das Interesse alleine durch den Zuschauer. Es müssen keine Geschehnisse übertrieben oder überdramatisiert werden, um künstlich Spannung zu erzeugen. Solche Mittel können die historische Korrektheit verfälschen. Die Liebestragödie steht im Vordergrund des Films, der historische Hintergrund ist eher zweitrangig. Der Film zeigt die Brutalität der SA. Die „Straßenschlachten“ waren aber eher lächerlich dargestellt. Auch wenn die SA in Überzahl war, waren die Rotfrontkämpfer sicherlich nicht nur ein paar Leute, die mit kleinen roten Fahnen und einigen Pappschildern für sich Werbung machten und sich dann von der SA verprügeln ließen. Zwar stirbt Alberts Bruder in solch einem Kampf, da geht es aber auch mehr um die Beziehung der beiden, als um die Verletzung im Kampf an sich. Der Film legt besonderes Augenmerk auf die Nazis, alles andere rückt etwas in den Hintergrund. Einige wichtige historische Ereignisse wurden ebenfalls vernachlässigt. Die Machtübergabe an Hitler am 30. Januar 1933 wird nur „am Rande erwähnt“.
Jedoch finde ich, verdeutlicht der Film gut, dass die Nationalsozialisten unterschätzt und der Ernst der Lage nicht erkannt wurde. „Das geht schon wieder vorbei“ sagt Albert im Film. So oder so ähnlich ist die Meinung, vor allem in der Mittelschicht, gewesen. Auch warnte Erhart Henny vor den Plänen der Nationalsozialisten und wies sie an, mit Albert das Land möglichst schnell zu verlassen. Es war schon bekannt, was die Nazis vorhaben, jedoch nahmen sie nur wenige Leute für voll. Außerdem zu sagen ist, dass einige wichtige Details im Film beachtet wurden. Das Verhalten und auch die Kleidung der NSDAP im Reichstag wurden realistisch dargestellt. Die Uneinigkeit und die fehlende Kompromissbereitschaft im Reichstag war zu sehen. Auch das Aufmischen des Ballhauses und die Zerstörung der Kneipe durch die SA sind Bilder, die im Kopf hängen bleiben und sind ein Beispiel für die Erbarmungslosigkeit in dieser Zeit. Was zusätzlich auffällt ist, dass es wenig Farben im Film gibt. Das Ballhaus ist mit das einzige „bunte“ im Film, ansonsten ist alles sehr grau, getrübt, dunkel und nass. Berlin wurde etwas sehr düster dargestellt.
Eine der letzten Szenen, in der Albert von einem jungen Nazi erschossen wird, enthält nochmal viele filmische Mittel. Albert ist schwer verletzt durch Folter. Die Kamera zoomt nah an sein Gesicht, man erkennt jede Verletzung an ihm. Danach kann man aus Ego-Perspektive beobachten wie die Nazis weiter auf ihn einprügeln. Schlussendlich sieht man den jungen Nazi die Waffe ziehen, welcher kurz darauf abdrückt. Man sieht das Blut auf den Boden fließen und einen Offizier rumbrüllen. Diese Szene fand ich nicht so sehr authentisch, da sie stark wie ein erzwungenes Ende des Films wirkt.
Für jemanden, der Samstagabend auf der Couch vor dem Fernseher sitzt, kann man „Nacht über Berlin“ empfehlen. Für einen Geschichtsleistungskurs ist er zwar für einige Szenen ebenfalls sehr anschaulich (Szene im Reichstag, Aufmarsch der SA im Ballhaus, Wahlkampf der NSADP, Unterschätzen der NSDAP), jedoch sollte man nicht alles auf die Goldwaage legen und auch hinterfragen, was zum Film und was zur Geschichte gehört.

Quellen:

  • Seite „Nacht über Berlin“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. März 2017, 14:29 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nacht_%C3%BCber_Berlin&oldid=163256610 (Abgerufen: 7. Mai 2017, 12:08 UTC)
  • Fabian Riedner: Primetime-Check: Mittwoch, 20. Februar 2013. Quotenmeter.de, 7. Mai 2017, abgerufen am 22. Februar 2013.

Jan Gregor Schumacher (LK 11 Eng)