Ohne geht`s auch nicht
„Wir sollten alle mehr auf unseren Verbrauch und die Umwelt achten. In diesem Punkt hat Greta Thunberg recht!“, wiederholte Leni sich.
„Ach Greta Thunberg mit ihren 1,50 m! Die sollte entweder vernünftig essen oder Pillen nehmen. Aber nein! Da gibt es ja so viel Plastik und Co2! Pah, die sollte zur Schule gehen. So hilft sie der Zukunft!“, empörte sich Adrian lautstark. Wieder donnerte es.
„Leute! Wir sitzen hier oben auf dem Dachstein fest, bei Donner und Blitz und ihr streitet euch über Greta Thunberg!-“
„-Aber Stephanie! Was sagst Du zu dem Thema. Das kann Dir doch nicht am Allerwertesten vorbei gehen!“, unterbrach Leni Stephanie abrupt. „Natürlich ist mir das Thema nicht-“ ein Donnern unterbrach sie, „- nicht egal. Aber- ach keine Ahnung, was ich sagen soll. Einmal hat Greta recht und ich finde es gut, dass sie die Jugend dazu animiert, was zu tun. Aber dass so viele dadurch die Schule schwänzen, ist auch keine Lösung. Aber anders würde die Regierung nichts tun. Aber abgesehen davon dürfte sie nicht mal ein Handy benutzen, wenn sie auf die Umwelt achten möchte. Geschweige denn den Ozean mit einem Schicki-Micki Boot überqueren!“
„WAS philosophiere ich hier die ganze Zeit schon herum! Ohne die heutige Technik würde zwar heute nichts mehr passieren, aber dass dadurch die Natur leidet, ist Mist. Wälder werden abgeholzt, Ozeane verdreckt, Tiere sterben, Länder brennen – und warum? Weil wir es zu weit getrieben haben. Daran kann selbst diese Holländerin nichts ändern. – Nein Leni, Du wirst mich jetzt nicht unterbrechen und wenn sie aus Timbuktu kommt. Die verdient doch mit diesem ganzen Dreck so viel Kohle, dass sie sich auch mal ne neue Frisur leisten kann. Allein, wenn ich das sehe, kommt mir alles wieder hoch. … Was ich eigentlich sagen wollte: Wir Menschen haben es übertrieben! Die Erde war zuerst da, wenn ihr versteht, was ich meine. Die Natur nimmt sich jetzt das zurück, was ihr gehört! Oder hat hier jemand eine Postkarte von Mutter Natur bekommen, dass wir uns alles nehmen dürfen? Die Erde rächt sich und diesmal ist es der Corona Virus. Warum zum Teufel verhalten wir uns wie die Herren der Schöpfung? Halleluja, das is´n Ding!“, redete sich Adrian in Rage.
Leni und Stephanie sahen sich für einen Moment an: Was für eine Sichtweise!
„Aber Adrian! Erstens, Greta Thunberg ist Schwedin. Zweitens, wir werden alle so oder so sterben. Drittens, warum nicht Herrinnen der Schöpfung? War das hier gerade eine sexistische Andeutung? Oder wie darf ich das verstehen?!“, schrie Leni gegen den Wind an.
Stephanie schaute von einem zum anderen. Die hatten doch beide einen Knall! „Wir können ja später darüber diskutieren… Zurück zu den wichtigen Dingen -“, und wieder wurde sie unterbrochen.
„- DAS IST WICHTIG!“, schrien Leni und Adrian wie aus einem Mund. Wenn die so weiter machten, waren sie in den nächsten 5 Minuten heiser.
„RUHE! Wo wollen wir hin? Hier oben geht die Welt unter und ihr beide schreit euch die Hälse wund! Entweder wir sind so lebensmüde und kämpfen uns zu dem Gasthof in der Nähe durch oder wir sind genauso lebensmüde und bleiben hier sitzen und erfrieren. Wir haben keinen Empfang, keinen großen Proviant, keine regenfeste Kleidung und dabei hilft uns weder Greta Thunberg noch Mutter Natur“, versuchte Stephanie die beiden Streithähne von der Ernsthaftigkeit der Situation zu überzeugen. Endlich schien es auch in deren Dickschädel anzukommen. Die bösen Blicke wurden eingestellt, wie das Argumentieren. Fieberhaft versuchten sie alle einen guten Weg von hier oben weg zu finden.
Der Regen wurde immer stärker, der Wind heftiger und kälter. Die Blitze zuckten am dunklen Himmel, der Donner ließ immer wieder alle zusammen zucken. Die beiden Frauen und der junge Mann waren schon lange vor ihrem Greta-Thunberg-ist-blöd-Nein-ist-sie-nicht-Gespräch bis auf die Knochen durchnässt gewesen. Als dann plötzlich ein kleines Licht in der verregneten Dunkelheit auftauchte, glaubte keiner der drei an seinen Verstand. Sie konnten unmöglich schon Stunden hier oben hocken. Ab wann fing man an zu halluzinieren? Obwohl sie doch noch etwas Wasser und belegte Butterbrote in ihren Rucksäcken hatten.
Dabei hatte der Tag für die drei so gut angefangen. Unabhängig voneinander waren sie mit der Seilbahn auf den Dachstein gefahren, um dort wandern zu gehen. Doch jeder der drei war zu spät gekommen. Auf verschiedene Weise zu spät.
Adrian war zuerst vom Weg abgekommen und war genau in dieser Minute angekommen, als der Strom abgeschaltet wurde.
Leni war so von der Natur abgelenkt gewesen, dass sie es nicht mitbekommen hatte, dass 500 Meter neben ihr die Gondeln der Seilbahnstation sich nicht mehr bewegten.
Stephanie hatte sich eigentlich einen Alarm gestellt, dass sie nicht zu spät kommen würde bzw. wann sie los laufen musste. Aber bei nur 30 % Akku war das ganze ziemlich kritisch.
Ein Gestalt mit einem gelben Regenmantel und der Taschenlampe tauchte aus der Dunkelheit auf. Unfreiwillig wurden sie alle an „ES“ erinnert.
Die Gestalt schrie ihnen etwas entgegen, was aber keiner verstehen konnte. So stark pfiff der Wind ihnen allen um die Ohren. Fragend schaute sich das nasse Trio an. Auch die Gestalt verstand nun, dass jegliche Konversation sinnlos war. Mit einer eindeutigen Handbewegung machte die verhüllte Gestalt dem Trio klar, dass sie dieser folgen sollte. Imaginär zuckten die drei mit den Schultern. Etwas anderes blieb ihnen kaum übrig. Es würde kaum irgendwo ein Horrorclown hinter einem Felsen hervor springen. Hoffentlich …
So folgten Leni, Adrian und Stephanie dem namenlosen gelben Jemand. Schließlich kamen sie am besagten Gasthaus an. Wenn das nicht ein Wunder war.
Der namenlose Jemand stellte sich als Carlos vor. Er war zu der Seilbahnstation gekommen, weil er gesehen hatte, zu welcher Zeit alle sich zur Abfahrt bereit gemacht hatten. Der Hüttenwirt war einmal an das raue Wetter und die Ausfälle der Seilbahnstation hier oben gewöhnt und hatte das ein oder andere Mal einen feststitzenden Touristen abholen müssen. So auch dieses Mal.
Als dann auch noch das Unwetter mit voller Karacho losging und weit und breit keine zwei Frauen und ein Mann auftauchten, hatte er sich selbst zur Suche aufgemacht.
Nachdem Carlos von tausend und noch mehr Dankeswünschen überhäuft worden war, kam zum wiederholten Mal ein und das selbe Thema auf. Was bedeutet uns die Natur und wie können wir sie nutzen ohne zu viel Schaden anzurichten?
Noch bevor sich Adrian und Leni an die Kehle springen konnten, griff Stephanie ein: „Carlos. Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema?“
Überrascht sah der Gastwirt auf: „Das ist doch eigentlich ganz einfach. Ohne die Menschen gäbe es einen geregelten Kreislauf. Der Mensch ist somit mehr als überflüssig. Zum Beispiel der Beruf des Jägers ist mehr als unnötig, denn Wölfe und andere Raubtiere sorgen dafür, dass es keinen Überfluss an Wild gibt. Genau dieser Kreislauf wird von dem Menschen gestört. Die Natur war zuerst hier und deswegen müssen wir uns an diesen Kreislauf anpassen. Darauf achten was wir tun und wie wir es tun. Dass diese Greta oder wie sie heißt, das Thema angesprochen hat, ist auf jeden Fall gut. Wir alle können etwas dazu beitragen. Natürlich sind nicht nur wir Menschen an dem Klimawandel schuld. Wenn die Natur meint, dass sie das Klima ändert, dann ändert sie es. Und wenn die Erde meint, uns Menschen abschaffen zu müssen, dann tut sie das. Auch wenn wir alle versuchen mehr auf unseren Verbrauch zu achten, können wir nicht von heute auf morgen, damit anfangen zu versuchen etwas besser zu tun. Ohne die heutige Technik würde so viel schief laufen. Und bevor ich hier philosophisch werde … gehe ich schnell die Betten oben beziehen.“
Sophie-Malin Kulisch, Klasse 10