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Von dicken Fischen und der Bedeutung von Häfen

Menschen sind wie Schiffe auf dem Ozean des Lebens – immer auf der Suche nach dem dicksten Fisch.

Jeder hat sein Steuer selbst in der Hand. Man segelt Woche für Woche, oft ohne Aussicht auf Land, doch es gibt Kapitäne, die zeigen, wie es richtig sein kann. Bei denen fühlt sich das Leben dann wie ‘ne Kreuzfahrt auf der Aida Mara an. So manche Matrosen planen ihre Reise, machen’s auf die organisierte Weise. Bloß nichts dem Zufall überlassen! Man könnte ja die beste Fischfangzeit verpassen. Von Haien oder ähnlichen Gefahren halten besagte Matrosen sich selbstverständlich fern, verpassen dabei allerdings die Chance auf Delfine ganz gern.

Dann gibt’s da noch die Seemänner (und Seefrauen – ich bin überzeugte Feministin) der anderen Sorte: Spontanität und „Der Weg ist das Ziel“ sind deren Stichworte. Sie lassen sich treiben, nehmen jede Welle, die kommt. Immer der Sonne hinterher und dem Horizont entgegen. Sie sind die Robinson Crusoes der See – immer auf der Suche nach Freitag- und wie Piraten im Kampf gegen das Fischfangen nach Vertrag. Ihre Schiffe schwimmen auf Rastlosigkeit und zwischen ihren Segeln weht Freiheit. Die Freiheit, die Welt schon in 79 Tagen zu umsegeln, oder auch erst in 181.

Aber egal, was man sich entscheidet, für ein Pirat zu sein, am Ende des Tages ist die Macht, die man über die Dinge hat, eh verschwindend klein, denn nicht der Mensch am Steuer entscheidet, wohin die Reise geht, sondern der Wind in den Segeln befiehlt, zu welchem Ziel es heute geht. Und wenn der Wind sich plötzlich heftig beginnt zu drehen, hast du die Möglichkeiten den Kurs zu ändern oder kläglich unterzugehen. Und wenn auf einmal gar kein Wind mehr weht, kannst du entweder ewig auf der Stelle stehen, oder du nimmst deine Ruder in die Hand und paddelst, bis dir die Puste ausgeht.

Wer aufgibt, wird kielgeholt!“ lautet eine alte Seemanns – Regel, und früher oder später bekommt man immer wieder Wind zwischen die Segel…

…so die Theorie.

Ja, Kinnas, lasst mich euch sagen: So optimistisch, motivierend, aufbauend bin ich sicher nicht an allen Tagen. Es gibt Momente, da ist der Himmel zu wenig blau, die See zu rau, seit Tagen gibt es nur noch Kabeljau und man wär’ eigentlich viel lieber ‘ne schicke Meerjungfrau. Doch an solchen Tagen kenn’ ich mein Ziel: Ein Ort, an dem es mir schon immer gefiel. Der Ort meiner Schiffstaufe und der Start meiner Jungfernfahrt, wo mein Hab und Gut ist sicher verwahrt – Mein Hafen.

Wenn sich das Leben auf See anfühlt wie ein Scherbenhaufen, weiß ich, ich kann immer in meinen Hafen einlaufen. Wenn alles schief geht, was nur schief gehen kann, leg ich ganz einfach in meinem Hafen an. Mein Hafen spendet Trost und Kraft, beschützt mich vor jeder Gefahr heldenhaft. Mein Hafen ist die Schulter zum Ausweinen und hilft mir bei allen Stolpersteinen. Und auch wenn besagter Hafen ab und zu ein bisschen nerven kann (mit Zimmer aufräumen, Müll rausbringen etc.) weiß ich, dass ich mich auf meinen Hafen immer verlassen kann. Mein Hafen ist Kummerkasten, Modeberater, Koch, Taxiunternehmen und Entertainer zugleich; wenn’s sein muss, knallhart und im nächsten Moment wieder butterweich. Mein Hafen war schon immer mein zu Hause, solange ich denken kann und daran ändert sich auch nichts, nicht mal irgendwann, denn mein Hafen gab mir Steuerrad und half mir rudern, bereits von Anfang an. Und jetzt, da ich mein Segel schon oft alleine hisse, gibt es manchmal Tage, an denen ich den Hafen vermisse. Doch im Herzen ist er sowieso immer bei mir und wenn ich will, segel ich nach Hause. Zu meinem Hafen, an meinen Pier.

Menschen sind wie Schiffe auf dem Ozean des Lebens – Immer auf der Suche nach dem dicksten Fisch.

Nele Ladewig (12 LK Eng)