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Vorbereitung zum Abitur einmal anders, Theaterbesuch im Berliner Ensemble

Für uns Kyritzer Gymnasiasten ist ein Theaterbesuch an einer der hauptstädtischen Bühnen immer ein besonderes Erlebnis, so auch am vorigen Mittwoch.

Am Abend des 22. November fand im Berliner Ensemble eine Aufführung des Stücks „Woyzeck“ von Georg Büchner statt. Diese Vorstellung besuchten wir, ein Teil des 12. Jahrgangs des Kyritzer Gymnasiums, in Vorbereitung auf unsere Abiturprüfung im Fach Deutsch.

Das Drama „Woyzeck“ begann Büchner im Alter von 23 Jahren zu schreiben, doch er konnte es nicht vor seinem Tod vollenden. Das Fragment wurde dann 1913 erstmals aufgeführt. Für seine Zeit schuf Büchner ein visionäres Theaterstück, das auch als das erste soziale Drama bezeichnet wird. Es soll den Zuschauer zum Nachdenken anregen.

Der Regisseur der Aufführung, die wir uns anschauten, ist Ersan Mondtag. Statt in der Stadt, wie im Original, leben alle in einer kleinen Gemeinschaft tief im Wald. Dort zelebrieren sie zurückgezogen in der Natur ihre Männlichkeit. Das geht jedoch nicht lange gut und schon bald gewinnt die Gewalt die Oberhand und Woyzeck wird zum Opfer der patriarchalen Muster. Woyzeck versucht seine Frau und ihr gemeinsames uneheliches Kind zu versorgen, indem er als Barbier arbeitet und sich als Experimentierobjekt für den Doktor zur Verfügung stellt, wobei er nur Erbsen essen darf. Durch dieses Experiment treten bei ihm zunehmend Wahnvorstellungen auf. Mit dem Zitat „Jeder Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht“ kann Woyzecks Sichtweise gut beschrieben werden.

Die Aufführung handelt von Wahnsinn und Obsession, wobei Mord und Gewalt eine wichtige Rolle spielen. Es regt zum Nachdenken an, darüber, wie aus einem Menschen ein Mörder wird. Welche Rolle spielen seine Mitmenschen? Wie können äußere Einflüsse einen Menschen verändern?

Bereits beim Betreten des Theatersaals saß Woyzeck, gespielt von Maximilian Diehle, auf der Bühne, dabei schon vollständig in seiner Rolle. Nur der vordere Teil der Bühne war zu der Zeit zu sehen, ein Wasserbecken, ein Teich, was bereits besonders für ein Theaterstück ist. Als die Vorstellung begann und der Rest der Bühne sichtbar wurde, sah man ein erstaunlich detailliertes Bühnenbild. Einen Wald, in dem mehrere einfache Zelte standen mit einer Feuerstelle und einem Jagdhochsitz. Das Stück wird gespielt von 7 Männern und einem Kind, leider war in unserer Vorstellung kein Kind dabei, doch das haben die Schauspieler professionell überspielt. Einige Teile des Stücks wurden gesungen und mit Musik unterstrichen, die extra dafür komponiert wurde. Die Musiker wurden teilweise zu einem Teil der Männergruppe gemacht und waren am Bühnengeschehen beteiligt. Sowohl die Schauspieler und der Regisseur als auch die Bühnenbildner, Kostümbildner und Musiker leisteten eine beeindruckende Arbeit, was der lange Applaus nochmals deutlich machte.

Da wir zuvor das Drama in der Originalfassung gelesen hatten, erkannte man die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede im Text und in der Geschichte. Es war spannend zu sehen, wie das Drama von Ersan Mondtag interpretiert und dargestellt wurde.

Wir möchten uns ganz herzlich bei Frau Schütte dafür bedanken, dass sie den “Unterricht am anderen Ort” organisiert hat und auch beim Förderverein, der die Fahrt durch die großzügige finanzielle Unterstützung ermöglichte.

Joyce Erlemann, Jahrgang 12